Freitag, 27. Oktober 2006

Wasser gegen Zuckerrohrschnaps - Kandidaten im Vergleich

Einen Moment lang haben ja viele wirklich einen Schreck bekommen. Herausforderer Alckmin war eigentlich nur ein Strohmann. Ein Verlierer-Kandidat: ein blasser Brillenträger aus Sao Paulo, im Riesenland nahezu unbekannt, mit einem beinahe peinlichen Hinterwäldler-Akzent und einer, der definitiv nicht zur Clique gehört. Ernstzunehmende Kandidaten wären die Lieblinge gewesen: José Serra, Ex-Gesundheitsminister und Ex-Präsidentschaftskandidat, der 2002 gegen Lula peinlich verloren hat. Und Aécio Neves, Gouverneur von Minas Gerais, ein frischer junger Kandidat, der bis 2010 noch weiter aufgebaut werden kann. Alckmin sollte sich verschleißen, verlieren und die anderen schonen. So war es geplant, und so hat es ganz Brasilien hinter mehr oder weniger vorgehaltener Hand kommentiert. Niemand hatte mit der Selbst-Zerstörungskraft der Arbeiterpartei PT gerechnet. Die hat in letzter Sekunde noch so viel Skandal geschafft, daß der Hinterwäldler Alckmin plötzlich echte Chancen bekam, die Wahl zu gewinnen! Oh Schreck!

Schreck auch bei den Kolumnisten: Über Lula herzuziehen ist mindestens so einfach, wie es damals einfach war, Kohl-Witze zu erfinden! Lula ist an sich schon eine Karikatur - ohne daß irgendein Charakterzug übertrieben werden müßte. Er weint gerne bei öffentlichen Reden, produziert Stilblüten am laufenden Band und wird mit jedem weiteren Regierungstag größenwahnsinniger (Kostprobe: „Niemand hat seit der Entstehung Brasiliens so viel für die arme Bevölkerung des Nordostens getan, wie wir“). Lula trinkt gerne mal einen Zuckerrohrschnaps über den Durst, läßt sich die Falten mit Botox flach spritzen und vertut sich gelegentlich in der portugiesischen Grammatik.

Dagegen ist der Neue entsetzlich langweilig. Er spricht korrekt, ist noch nie weinend gesichtet worden und zeigt uneitel sein dünnes Haar und Falten. Und auf Wahlerfolge stößt er mit Wasser an! Man stelle sich vor: Mit Wasser!

Der erste Wahlgang ist lange her, der Dossierskandal fast vergessen und ein Wassertrinker nun wirklich suspekt. Resultat: Hier im Nordosten-Bundesland Pernambuco hat Lula in den letzten Umfragen 76 Prozent, Alckmin 22. Im ganzen Land steht es 63 gegen 36 (der Rest sind Enthaltungen und ungültige Stimmen). Die Gefahr des Überraschungssiegers scheint gebannt. Die Kolumnisten atmen auf. Voraussichtlich können sie nach dem Wahlsonntag am 29. Oktober fröhlich weiter lästern.

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