Meine Katze ist tot. Das ist traurig. Weil es eine fröhliche, flauschige Katze war, die noch ein langes Leben hätte haben können. Abgesehen von meiner womöglich sentimentalen Katzenliebe ist es außerdem traurig, weil gerade die Zeit der Transmitter angebrochen ist.
Was Transmitter sind? Weiß ich auch nicht. Deswegen habe ich ihnen diesen Namen gegeben. Nach meiner Definition sind Transmitter alle unbekannten Flugobjekte, die mit Beginn der Regenzeit in großer Zahl und Vielfalt bei mir einfallen, um ausgerechnet bei mir zuhause verschiedene, ihnen vermutlich genetisch vorgegebene Verrichtungen zu erledigen. Letztens waren das Hunderte flügelbewehrter Ameisen, die mein Haus ausschliesslich zu dem Zweck aufsuchten, um dort ihre Flügel abzuwerfen. Ob das ganze Volk an einem verabredeten Datum extra herbeigeflogen kommt, um in bewohnten Gegenden kollektiv das Fliegen aufzugeben? Und dann? Bleiben sie für immer da? Oder kriechen den ganzen Weg wieder zurück? Ameisen habe ich bald keine mehr gesehen. Aber noch Tage danach habe ich im ganzen Haus ihre etwa einen halben Zentimeter langen durchsichtigen Flügel zusammengekehrt – was durch die Eigenschaft von Flügeln, bei jedem Luftzug aufzufliegen, nicht unbedingt erleichtert wurde. Wenn die Katze nicht das ein oder andere Dutzend davon aufgeleckt hätte, würde ich vermutlich heute noch kehren.
Vor ein paar Tagen kamen ebenfalls ameisenähnliche Transmitter, die allerdings nicht flogen, sondern an den Wänden hoch krabbelten um sich auf dem Weg zur Lampe hinter Bildern zu verstecken. Zu welchem Zweck, weiß ich nicht. Um dort Eier auszubrüten? Sich wüst zu vermehren? Zu überwintern? Vorsichtshalber habe ich sie alle von den Wänden gekehrt, um das Ergebnis der potentiellen Verpuppung gar nicht erst abzuwarten. Die Katze hat bei der Beseitigung der Abgestürzten ebenso zuverlässig geholfen, wie sie jede Kakerlake verputzt, die unvorsichtig ihren Weg kreuzt.
Gestern kamen gleich zwei Sorten unbekannter Flugobjekte: einige Dutzend kleinerer Art, zwar beflügelt, aber trotzdem am Boden herumkriechend. Und eine größere libellenähnliche Art, die unerbittlich um die Terrassenlampe kreiselte. Die hatte ich noch gar nicht bemerkt, als die Katze, die auf meinem Bauch lag, ihre Krallen in denselben grub und mit einem Satz in die Höhe sprang, einer Libellenähnlichen entgegen. Die Attacke endete erfolglos und unschön auf der Sofakante. Die erste. Nach stillem Warten auf der Sofalehne kam irgendwann so ein Riesentransmitter bis auf etwa einen halben Meter herangeschwirrt – und da packte sich mein Hausraubtier zielsicher das Viech, um es umgehend zu verknuspern. Das sah für menschliche Augen weniger appetitlich aus, deswegen habe ich nicht weiter zugesehen. Die Katze sprang jedenfalls weiter wild durch die Gegend, und als ich ein paar Stunden später schlafen gegangen bin, schwirrte nichts mehr.
Heute ist der Transmitter-Killerin ihr Jagdtrieb zum Verhängnis geworden. Der Snack, den sie sich beim Nachbarn erjagt hat, war wohl mit Rattengift getränkt. Die Leute versprühen Mata-Tudo (Tötet alles) gegen Insekten und streuen allerlei Gift gegen Kakerlaken und Mäuse, ohne sich irgendwelche Gedanken zu machen. Die Inhaltsstoffe, Risiken und Nebenwirkungen sind hilfreich so klein gedruckt, daß man sie nur mit der Lupe lesen könnte. Manche Zutaten sind in Europa längst verboten, aber das weiß ja hier niemand. Tatsache ist: sie wirken. Sogar bei Katzen.
Vorhin sass ein unsympathisches schwarzes Insekt an meiner Küchenwand. Womöglich nur ein Vorbote einer weiteren Horde. Die Regenzeit hat ja gerade erst angefangen. Ohne Katze bedeutet das: Allein gegen die Transmitter.
Donnerstag, 19. April 2007
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