Samstag, 18. Oktober 2008
Lula und Marta: Opfer von Vorurteilen
Er konnte nicht unmittelbar darauf eingehen, was seine Lieblingskandidatin Marta in Sao Paulo verzapft hatte, weil er auf Reisen war. Aber jetzt ist Präsident Lula zurück und eilte der Genossin endlich zu Hilfe. Marta Suplicy hatte sich in der vergangenen Woche mit indiskreten Fragen zum Privatleben des Gegenkandidaten als geeignete Bürgermeisterin von Sao Paulo profilieren wollen – was zu reichlich Polemik und eher Stimmenverlust als Stimmengwinn geführt hatte. Die umstrittenen Radiospots werden übrigens längst nicht mehr ausgestrahlt.
Laut „O Globo“, einer der wichtigsten Zeitungen des Landes, sagte Lula heute wörtlich:
"Ich war nicht da (auf Reisen im Ausland) als ich ein weiteres Vorurteil gegen diese Frau sah, das die Idee verbreiten wollte, diese Frau habe Vorurteile gegen Homosexualität. Gerade diese Frau, die als wir alle Vorurteile hatten, schon im Fernsehprogramm ‘TV Mulher’ die Minderheiten dieses Landes verteidigte.“*
Weiter habe der Präsident in Sao Paulo heute gesagt:
“Sie haben es geschafft, eine Kämpferin und Verteidigerin aller Minderheiten dieses Landes in eine Anklägerin eben dieser Minderheiten zu verwandeln. Oft nehmen wir so einen Schlag einfach hin und schlagen nicht zurück.Wer nimmt denn an den Paraden auf der Avenida Paulista teuil und wird auf der Avenida Paulista vergöttert? Wer wurde schon Opfer von Vorurteilen, weil sie Minderheiten verteidigt hatte? Genau diese Marta Suplicy."
Danach verglich er die gebeutelte Kollegin mit sich selbst, ebenfalls einem Opfer von Vorurteilen:
“Ah, mein Gott im Himmel, wenn die Presse nur mich jedes Mal verteidigen würde, wenn sie mir diffamierende Fragen stellen. Wenn sie mich jedes Mal verteidigte, wenn jemand fragt: 'sprechen Sie Englisch?', also können Sie Brasilien nicht regieren.”
Kommentare erübrigen sich.
Alldieweil der wichtigste Mann im Staat abschließend auch noch den Grund lieferte, warum überhaupt Martas Wahlkampfbüro auf die Idee kam, Fragen zu verbreiten, die dem politischen Gegner Homosexualität unterstellten:
“Wir sprechen nur schlecht über den Anderen, wenn wir nichts Besseres zu präsentieren haben.“
*der etwas holperige Stil ist eine Spezialität des Präsidenten – vor allem beim freien Reden
Foto (O Globo): Antonio Milena/AE
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1 Kommentar:
Ich lasse hier mal den Sigmund Freud raushängen: Dieser holprige Stil von Lula steht wahrscheinlich für eine masslose Selbstüberschätzung. Durch das Weglassen von Sätzen und Satzteilen, was zwingend zu einer holprigen Rethorik führt, dokumentiert er lediglich, dass er davon ausgeht, dass das Volk seine Gedanken verinnerlicht hat und selbst vervollständigt, - ergo: Ich bin bin das Volk, das Volk bin ich.
Ein Verhalten was übrigens bei vielen absolutistischen Herrschern zu beobachten ist.
Die Steigerung ist, wenn die Herren dann in der dritten Person von sich sprechen. Dann wird es ein klinisches Problem.
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