Am Sonntag rief überraschend Maria an. Sie wolle mit mir reiten gehen. Sagte sie. Tatsächlich wollte sie mir die Neuigkeit mitteilen. Dass sie einen neuen Freund hat, und zwar einen Holländer. Der wolle etwas Festes. Und heute komme er zu ihr nach Hause, wer weiß, vielleicht würde er sie bald beim Ausbau ihres Rohbaus unterstützen. Oder gar ein Haus für sie kaufen. Wer weiß. Dann klingelte Marias Handy. Der Holländer war dran. Die wichtigsten Dinge waren schnell gesagt, auch ohne große Fremdsprachenkenntnisse: Kiss. Saudade.
Bei mir im Kopf klingeln dann schnell die Klischees. Von den treuen, großzügigen Europäern und den exotischen, erotischen, kaum von Emanzipation verdorbenen Nordost-Brasilianerinnen. Das Dumme ist: oft läuft es wirklich so. Ich habe da eine bildhübsche junge Dame erlebt, interessiert an Mode und Haarkunst und Tanzen. Die fabrizierte für ihren Europäer – den sie „mein griechischer Gott“ nannte – Hausmannkost und wusch ihm die Wäsche. Kaum hatte er sie nach Deutschland eingeladen, lernte sie diverse andere griechische Götter kennen. Und wechselte später ohne Tränen zu vergießen zu einem, der außer blauen Augen auch noch eine Firma sein eigen nannte.
Als ich einmal Besuch von zwei Freunden hatte, die beide blond und blauäugig und nicht einmal hässlich waren, klopften Frauen bei mir an der Tür, die bislang noch nie mit mir geredet hatten. Umgekehrt erzählte mir ein Bekannter, als er seine brasilianische Ehefrau am Strand von Boa Viagem kennen gelernt habe, hätte sie ihn nahezu sofort gebeten: Nimm mich mit nach Deutschland. Natürlich gibt es Ausnahmen. Natürlich finden sich manchmal zwei, die sich wirklich von Herzen gern haben.
Heute traf ich im Mini-Baumarkt eine Freundin von Maria. Sie war ziemlich in Eile, weil sie den Holländer in seinem Hotel abholen und zu Marias Haus bringen musste. Der wollte dort den Tag verbringen. Und, sagte die Freundin, „das ist eine ernste Sache: Er hat schon gefragt, wo es hier einen Juwelier gibt…“ Dann verabschiedete sie sich, zu ihrem Job als Cupido und Dolmetscherin für das turtelnde Pärchen.
Natürlich gibt es hier keinen Juwelier. Es laufen ja selbst die Damen der besseren Gesellschaft mit billigem Modeschmuck herum, um keine Banditen anzulocken. Sollte also der Holländer Maria einen echten Ring schenken, wird sie womöglich einen Safe anmieten müssen. Denn ihr Haus ist ein Rohbau, mit Fensterlöchern, durch die die Vögel hereinfliegen können. War bislang kein Problem, denn es gab keine Wertsachen zu stehlen. Das könnte bald anders werden.
„Naja, er hat mir schon Geld gegeben“, druckst Maria herum. „Aber bezahlt hat er mich nicht, das würde ich nie machen.“ Stattdessen träumt sie weiter. Ihr Neuer war schon in Dubai, vielleicht nimmt er sie dahin mal mit? Aber wichtiger wäre doch zuerst das Haus. Und unabhängig wird sie trotzdem bleiben. Arbeiten. Capoeira tanzen. Wenn er das erlaubt. Wer weiß.
Ja, wer weiß. Jetzt also Maria.
Dienstag, 30. September 2008
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