Freitag, 4. April 2008

Mückentöter für alle

"Wenn es zu Todesfällen kommt, wird die Sache heikel.“ Sagte Lula kürzlich. Er sprach über die Dengue-Epidemie in Rio, und verkündete in seiner spontanen Ansprache außerdem, der Kampf gegen die Krankheit müsse ansetzen „lange bevor die Mücke zubeißt“. Natürlich hat der Staatschef Recht, er kommt nur ein bisschen spät damit. Längst hat die Mücke reichlich Menschen gestochen, und heikel ist die Sache auch bereits: Mehr als 50 Menschen sind seit vergangenem Januar in Rio am Dengue-Fieber gestorben. Das öffentliche Gesundheitssystem steht kurz vor dem Kollaps, die Wartezeiten in der Notaufnahme betragen teilweise mehrere Stunden - zu viel vor allem für geschwächte Kinder. Mehrere sind deswegen der Krankheit erlegen.

Die Bewohner der Stadt sind verängstigt und wütend. „Sie haben uns ins Jahr 1900 zurückversetzt“, schimpft ein Leser der Tageszeitung „o Globo“ über die Politiker, die anstatt zu regieren, nur auf den Wahlkampf bedacht seien. „Glückwunsch an Lula in der Person seines Ministers Temporao“, schreibt ein anderer Leser, „niemals in der Geschichte dieses Landes hatten wir eine so signifikante Zahl an Dengue-Fällen“. Ein dritter meint, die Cariocas seien selbst schuld, denn sie mobilisierten sich nur für den Karneval, Fußball und Big Brother, anstatt Dengue-Brutstatten zu beseitigen.

Manche halten sich vorsichtshalber nur noch in Air Condition auf. Manche Homöopathen verschicken kostenlos Rezepte für ein Präventivmittel, das einmal wöchentlich eingenommen, vor Ansteckung schützen soll. Manche Privatkliniken hingegen haben Transparente an ihre Tür gehängt: „Hier keine Notaufnahme“. Laut Gesetz müssen auch Privatkliniken jeden akut medizinisch Hilfebedürftigen erstversorgen – das kann teuer werden, wenn so eine Epidemie erst einmal ausgebrochen ist.

Hier im Großraum Recife kommen seit Jahren mindestens alle zwei Monate Angestellte des Gesundheitsbehörde in allen Haushalten vorbei und kontrollieren diese auf Dengue-Risiken; sie leeren Blumentopfuntersetzer aus, streuen Pülverchen in stehendes Gewässer und erklären die Symptome der Krankheit, deren leichtere Variante gerne mit einer normalen Grippe verwechselt wird. Vor ein paar Jahren gab es hier reichlich Dengue-Fälle, inzwischen ist die Lage unter Kontrolle. Natürlich ist der Großraum Rio wesentlich größer und bevölkerter als der Großraum Recife. Ich weiß nicht, ob eine solche Dengue-Risiken-Kontrolle in Rio entweder nicht präventiv statt gefunden oder einfach nicht ausgereicht hat. Jetzt jedenfalls ist die Sache heikel.

Mückenschutzmittel zum Auftragen auf die Haut und Insektizide zur Anwendung im geschlossenen Raum sind seit Monaten Verkaufsschlager in Rio. In manchen Restaurants kommt das Mückenspray gleichzeitig mit der Speisekarte auf den Tisch. Andere haben ihre Kellner mit einer totsicheren Waffe gegen die Aegypti ausgestattet: Eine Art Badmintonschläger, der auf Knopfdruck mit Strom geladen wird, und bei Berührung die Aedes Aegypti (und alle anderen Arten Insekten, bis hin zur Kakerlake) zischend und endgültig versengt. Eine Gruppe Amerikaner war davon so begeistert, dass sie kürzlich einem Kellner in der Barra da Tijuca kurzerhand die Todeswaffe abgekauft haben.

Wäre das nicht eine Lösung? Mückentöter für alle?

Keine Kommentare:

 
Add to Technorati FavoritesBloglinks - Blogkatalog - BlogsuchmaschineBrasilien