Der neue Rei Momo von Bahia ist Clarindo Silva. Nachdem dies am Freitag bekanntgegeben wurde, stürmten diverse Verlierer-Kandidaten entrüstet das Fremdenverkehrsamt von Salvador. Es gab Geschrei und Tränen, Streit und Drohungen. Was ist da los? Können die Bahianer nicht verlieren? Wird nicht jedes Jahr der Momo neu gewählt? Gibt es nicht immer einen Gewinner und mehrere Verlierer?
Diesmal hat die Wahl in Bahia das Volk gespalten.
Es applaudieren:
- die Direktorin des Fremdenverkehrsverbandes
- der Soziologe Ubiratan Castro
- die Weight Watcher Bahias
- ein Teil der Bevölkerung
Es protestieren:
- der Vorsitzende der Dicken-Vereinigung von Bahia
- drei Ex-Momos und ebenfalls Kandidaten
- ein Teil der Bevölkerung
Den medienwirksamen Spaß-König – übrigens eine Erfindung von Journalisten - gibt es in Bahia seit fast 50 Jahren. Momo übernimmt vom Bürgermeister den Schlüssel der Stadt, er leitet und repräsentiert die ultimative brasilianische Party, kommt dauernd im Fernsehen und muß also vor allem gut und ausdauernd tanzen können und ständig gut drauf sein. Ausserdem, so eine Bahianer Zeitung: „darf er keine Vorurteile haben, muß den Karneval lieben und Zeit genug haben, um den vom Rathaus vorgegebenen Karnevals-Parcours zu absolvieren“. Die Regierung hat in diesem Jahr angeregt, dass der neue Momo zusätzlich ein paar Kenntnisse der Kultur Bahias mitbringen könnte.
Clarindo, der neue Mann, verfügt über einige Allgemeinbildung. Er ist sportlich und raucht und trinkt nicht. Er kann tanzen, liebt den Karneval und ist auch sonst kein Unsympath. Das Problem: Clarindo Silva ist schlank. Nicht nur ein bisschen weniger fett. Lächerliche 58 Kilo wiegt der Mann bei 1,70 Metern Körpergröße.
Es geht nicht um Kultur oder Kenntnisse, es geht um Kilos im Karnevalsstreit von Bahia. Momo war immer dick. Immer schon. Keiner weiß, warum. Und jetzt wissen manche nicht so recht, warum das anders werden soll.
Ungerechtigkeit!, schimpfen die dicken Kandidaten. Wozu haben sie sich mühselig in monatelangen Pizza- und Nudelorgien ihre durchschnittlich 120 Kilo pro Mann angefuttert? Um jetzt gegen so einen Windhaken zu verlieren? Sich anzuhören, dass der Schlanke ein gesünderes Ideal verkörpert? Dass ihre Leibesfülle nur zum übertriebenen Konsum verführt?
Die verschmähten Kugelbäuche von Salvador sind beleidigt. Die Einladung, als „Prinzen“ am Spektakel teilzunehmen, haben sie empört und einstimmig abgelehnt. Manche wollen vor Gericht ziehen. Einer gibt an, die Wahl habe ihm den Appetit verdorben.
Wenn er lange hungert, hat er vielleicht im nächsten Jahr wieder Chancen auf den Titel.
Sonntag, 13. Januar 2008
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