Nein, dies ist kein Spendenaufruf für das „Null-Hunger“-Programm. Armut bedeutet ja nicht ausschliesslich: nichts zu essen haben, und notleidend sind nicht nur Menschen.
Seit Donnerstag wissen wir, wer ganz besonders hilfebedürftig ist in diesem Land: das MASP, Kunstmuseum in Sao Paulo, das die größte und wichtigste Sammlung von ganz Lateinamerika beherbergt. Seit Donnerstag beherbergt es zwei Kunstwerke im Wert von zusammen rund 100 Millionen Reais weniger. Nach mehreren mißglückten Anläufen - einmal versuchten Räuber, die Sicherheitsbeamten zu überwältigen, ergriffen dann aber die Flucht, zuletzt im Oktober fanden Reinigungskräfte einen Brenner, der vermutlich bei einem weiteren mißglückten Einbruchversuch zurückgeblieben war – brauchten drei maskierte Männer am Donnerstag nur drei Minuten, um aus verschiedenen Sälen im zweiten Stock des Museums einen Picasso und einen Portinari zu entwenden.
Natürlich hat das MASP ein Sicherheitssystem – auch wenn Gitter vor den Fenstern aus Gründen des Denkmalschutzes nicht gestattet sind. Allein, das System ist ein eher prekäres. Und in den Sälen, in denen die Meisterwerke hingen, war zudem aus Gründen der Sparsamkeit das Licht ausgeschaltet. So blieben vom Raub des Picasso und des Portinari nur lückenhafte Filmsequenzen, in denen die Diebe als Schemen erscheinen. Bislang ist der Fall ungelöst. Die Polizei vermutete zunächst, es könne sich um eine Art Entführung handeln, doch Lösegeldforderungen blieben aus. Vermutlich legt sich einfach morgen ein wohlbetuchter Sammler zwei ganz besondere Weihnachtsgeschenke unter seinen Baum.
Mit einem Sammler hat das MASP auch einmal angefangen, vor mehr als 50 Jahren. Kunstförderer Assis Chateaubriand hat das Museum zusammen mit dem Kritiker Pietro Maria Bardi damals gegründet – mit mühsam gesammeltem Spendengeld haben sie die bedeutendste Sammlung des Kontinents zusammengetragen. Das MASP ist nämlich keine staatliche, sondern eine private Sammlung. Der seit vielen Jahren die Geldgeber fehlen. Deswegen wird es nach Weihnachten auch seine Türen wieder öffnen, ohne das Sicherheitssystem irgendwie verbessert zu haben.
Zum einen gibt es in Brasilien weder eine Tradition, noch eine neue Tendenz der großen Spender – wie etwa in Europa und den USA (man denke an Reemtsma, Gates und andere). Zum anderen interessiert sich kaum jemand für notleidende Kulturinstitute – frei nach Brecht: Erst kommt das Fressen.
Dafür ist in diesen Tagen allerdings gesorgt: Im Programm „Weihnachten für alle“ – werden jetzt ganz besonders viele Lebensmittel an die Armen verteilt. Sie müssen ja nicht unbedingt auch noch wissen, wer Picasso und Portinari sind. Oder?
* Candido Portinari ist einer der berühmtesten brasilianischen Maler der Moderne (er starb 1962), zu seinen Motiven gehörten soziale Themen wie die vor der Dürre fliehenden Landbewohner des Nordostens, er selbst kam aus einer einfachen Familie und besuchte nur die Grundschule.
Sonntag, 23. Dezember 2007
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