Montag, 12. Februar 2007

Ein Platz in der Presse für Clodovil

Politisch ist grad wenig los. Oder es gibt jedenfalls nichts zu berichten, weil die Ministerien erst irgendwann nach Karneval verteilen werden. Was macht da die Presse? Sie macht Platz frei für Clodovil. Der ist letztens doch tatsächlich nicht ins Parlament reingelassen worden. Weil der Polit-Neuling zwar höchst elegant aber ohne die obligatorische Krawatte erschienen war. War also nix mit seiner Teilnahme am Einführungskurs für Anfänger-Abgeordnete.

Dabei hätte er sicher etwas lernen können. Der Abgeordnete der Christlichen Arbeiterpartei PTC ist ja eigentlich kein Politiker. In den sechziger Jahren war er berühmter Designer und in den letzten 40 Jahren vor allem TV-Moderator, der gerne jeden und alle beleidigte und immer wieder Verleumdungsprozesse verlor bis seine scharfe Zunge ihn seine Show „A Casa é sua“ gekostet hat. Das war 2005. Danach hat Clodovil sich konsequent mit dem Rest der TV-Kollegen zerstritten, bis ihn niemand mehr im Fernsehen haben wollte. Allmählich wurde es schrecklich still um den gestylten Moderator im Rentenalter. Nur über seine Prostata-OP und ein angebliches Silikon-Implantat im Hintern berichteten noch ein paar Journalisten.

Dann kam die Idee mit der Politik, die Wahl, fast eine halbe Million Stimmen, und alles wurde anders. Das ist toll aber auch alles etwas schnell gegangen für den trendy Siebzigjährigen, der Schönheitsoperationen im Gesicht und an den Ohren zugibt und das angebliche Silikonimplantat im Allerwertesten nicht dementiert. Also macht Clo, wie ihn seine Freunde nennen dürfen, das, was er am besten kann: Leute verärgern. Zum Beispiel die Homosexuellen, die den ersten offiziell geouteten Abgeordneten gerne für die schwule Ehe kämpfen sehen würden. Clodovil dazu: „Für mich ist es keine Ehre, schwul zu sein, ich fühle keine gay pride – und diese Geschichte mit dem weißen Anzug in der Kirche, das ist doch das Letzte!“ Oder den Präsidenten: „Ich bin nicht so unvorsichtig wie der Präsident, der unwissend an die Macht gekommen ist und das auch noch mit Alkohol vermischt.“

Eigene substantielle Aussagen zur Politik konnte dem Neu-Parlamentarier bislang niemand entlocken. Nach seinem Wahlversprechen gefragt: „Brasilia wird nie wieder die gleiche Stadt sein, nachdem ich gewählt bin!“ – sagt er nur: „Natürlich werde ich das nicht mit Gesetzen erreichen.“ Und wenn die Journalisten dann noch mehr wissen wollen, schimpft er: „Sie haben mich nicht gewählt. Und wenn Sie mich nicht gewählt haben, bin ich Ihnen auch keine Rechenschaft schuldig. Ich weiß nicht, wie man Gesetze macht, ich werde Brasilia auf meine Art verändern.“

Ich vermute, Clo interessiert sich nicht die Bohne für Politik. Letztens war er bei einem Treffen von Industrievertretern zur Entwicklung von Ideen für das Wirtschaftswachstum. Sein Kommentar zu den Ideen: „Ich kann das nicht beurteilen, ich bin auch zu spät gekommen“. Das war die Pflicht. Dann kam die Kür: Ausführlich stand der Mann Modell für die Fotografen - im grauen Anzug mit rosa Hemd und Krawatte. Und sah dabei ziemlich glücklich aus. Verständlich, denn auch ohne Worte löst die neue Karriere prima seine Probleme:

- Endlich wieder ein angemessenes regelmäßiges Einkommen

- Endlich nach Herzenslust jeden beleidigen und von niemandem verklagt werden können

- Endlich wieder Sendeplatz für ihn im Fernsehen

Es wird noch zu hören sein von Clodovil. Nicht nur, wenn politisch nicht viel los ist im Land.

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