Samstag, 9. Februar 2008

Gleichberechtigung für die Ministerin

Am Freitag vor Karneval ist die Ministerin Matilde Ribeiro zurückgetreten. Wenn auch unter Protest. Weil ja die Vorwürfe angeblich nur Ausdruck von Rassismus waren. Und mit Rassismus kennt sich Matilde aus. Zur Erinnerung: Die Ministerin für die Förderung der Gleichberechtigung der Rassen hatte bereits vor einigen Monaten eine gewisse Berühmtheit erlang, als sie äußerte, es sei eine „ganz normale Reaktion“, wenn Schwarze nicht mit Weißen zusammen leben wollten: „Wer ein Leben lang gegeißelt wurde, ist nicht verpflichtet, den Geißelnden zu mögen“, sagte sie damals wörtlich. Offensichtlich hieß Gleichberechtigung bei ihr zu der Zeit: Her mit dem schwarzen Rassismus!

Eine neue Definition von Gleichberechtigung stand hinter ihrem beleidigten Abtritt kurz vor Karneval. Diesmal forderte die Ministerin – wenn sie das auch nicht so offen aussprach wie die Aufforderung zum Rassismus im letzten Herbst - für sich gleichberechtigtes Prassen im Amt. Es ist ja bekannt, dass Politiker auch hierzulande gelegentlich finanzielle Vorteile aus ihrem Amt ziehen. Umso erstaunlicher eigentlich, dass die Regierung Lula im Jahr 2005 das „Portal der Transparenz“ online stellte (http://www.portaltransparencia.gov.br/), eine Website, auf der sogar Lieschen da Silva nachgucken kann, welcher Minister seine Amts-Kreditkarte (die vor allem zur Begleichung von Reisekosten gedacht ist) für was eingesetzt hat. Ein Hoch auf die Ehrlichkeit der Kreditkarten-Inhaber sollte das werden – nun ja, das hat nicht so richtig geklappt.

Tatsächlich kamen die vielfältigsten Ausgaben auf die PC-Bildschirme. Die Bodyguards des Präsidenten etwa kauften sich ordentlich Gewichte zum Stemmen, ein Minister bezahlte in einer Imbissbude eine Portion Maniokküchlein „Tapioca“ im Wert von etwa 3,50 Euro, Matilde selbst beglich unter anderem eine Kneipenrechnung in der Höhe von 42 Euro und so fort. Matilde meint nun, sie sei vor allem deswegen angegriffen worden, weil sie schwarz sei. Tatsache ist, dass sie von allen Ministern am meisten ausgegeben hat; beinahe 70.000 Euro im vergangenen Jahr – deutlich mehr als etwa der Präsident verdient. Vielleicht versteht sie diesmal unter Gleichberechtigung: Diejenigen, die ein Leben lang gegeißelt worden sind, müssen jetzt besonders viel ausgeben?

Solche simplen Umkehrschlüsse sind riskant. Auch wenn es womöglich wirklich weniger Aufruhr gegeben hätte, wenn eine weiße Ministerin Spitzenreiterin geworden wäre, gibt das der schwarzen Kollegin nicht mehr Abzock-Rechte. Was sämtliche Kollegen sich nun tatsächlich zu schulden kommen lassen haben, soll jetzt eine parlamentarische Kommission untersuchen. Kann noch spannend werden, denn die Lulisten haben sich darauf nur eingelassen, wenn auch die Zeit des ungeliebten Vorgängers mit untersucht wird. Gleichberechtigung mal wieder!

Die große Transparenz ist dadurch leider schon wieder umstritten; es ist die Rede davon, das Portal der Transparenz wieder abzuschalten oder wenigstens besonders prominente Namen daraus zu entfernen. Das wäre wirklich schade. Denn neben den interessanten ministerialen Konsummöglichkeiten (einer hat mal eben mehrere Tausend Euro für die Miete eines Konferenzsaals bezahlt, in den er die Presse lud, um seinen Ruf zu verteidigen) erfährt man darauf ganz nebenbei, was es alles für Minister gibt. Direkt nach Matilde auf Platz zwei im Geldausgeben liegt etwa der Minister für Fischerei. Jawohl, Minister für Fischerei. Außerdem gibt es: ein Ministerium für nationale Integration, eines für Kommunikation, für die Bekämpfung des Hungers, für Städte und eines für langfristige Aktionen. Womöglich ist das auch ein Akt der Gleichberechtigung? Jeder darf Minister sein?

Keine Kommentare:

 
Add to Technorati FavoritesBloglinks - Blogkatalog - BlogsuchmaschineBrasilien