Die Sommerhits in diesem Jahr zeichnen sich durch besonders knappe Texte aus. Die wenigen Worte reflektieren gerne niedere Instinkte und simple Freizeitvergnügen. "Trinken, Umfallen und wieder Aufstehen", heißt so ein Mitgröl-Hit. In einem anderen quietscht eine weibliche Stimme, dass ihr Nachbarn Intimes von ihr will, und noch dazu von hinten, von hinten, von hinten. Ein dritter Song hat einen Refrain, der auf Hochdeutsch mit „meine Vagina“ übersetzt werden müßte. Der absolute Abschuß aber ist der Creu. Dieser Superhit besteht überhaupt nur aus Refrain. Das heißt: aus einem Wort. Das Wort lautet: Creu, ausgesprochen: Krä-u. Das geht dann so: E Creu, Creu, Creu, Creu, Creu, CREU.... Dazu vollführen die begeisterten Zuhörer eine angeregte Pantomime im Wortsinn. Was Creu bedeutet? Steht nicht im Wörterbuch, ebenso wenig, wie „Ficken“ im Wörterbuch steht.
Aber in den internationalen Schlagzeilen steht Creu, wenn auch nicht mit diesem Wort. Es geht um Eliot Spitzer, Ex-Gouverneur von New York. Der hat Creu gemacht. Nicht mit der Angetrauten zuhause, sondern mit einer Edelhure vom Escort-Service. In Brasilien diskutiert das interessierte Volk in einem solchen Fall in Internetforen über Qualitäten und Preis der entsprechenden Dame - sogar, wenn es um amerikanische Politiker geht. Gerät in Amerika so ein Ausrutscher in die Fleischeslust an die prüde Öffentlichkeit, nimmt der ertappte Politiker seinen Hut, tritt mit der alles verzeihenden Ehefrau an der Seite im TV auf, und sucht noch schnell einen Sündenbock. Im Fall Spitzer heißt der Sündenbock Andréia und ist eine 32jährige Brasilianerin. „Brasilianisches leichtes Mädchen bringt Gouverneur zu Fall“ heißt es in den Schlagzeilen.
Die Brasilianerin hatte mit dem Gouverneur allerdings gar keinen Körperkontakt, sie führte nur ein illegales Bordell, hatte einen Prozeß am Hals und versuchte durch Herausgabe von allerlei Unterlagen einer Haftstrafe zu entgehen. In diesen Unterlagen stand irgendeine Information, die zum Gouverneur führte. Der Handel ist Andréia gelungen: Vor ein paar Tagen wurde sie straffrei in ihr Heimatland deportiert. Nur das Bordell ist futsch. Dafür hat Andéia einen gewissen Ruhm erlangt, der in Brasilien nicht unbedingt zu ihrem Schaden sein muß. Sagt jedenfalls das Volk. So wie die Dinge im Land liegen, könnte sie vielleicht in die Politik gehen, schlägt ein brasilianischer Internaut vor, sie habe ja bereits internationale Erfahrung. Ein anderer rät der Ex-Bordell-Chefin zu einer Modelkarriere in Männermagazinen. Mehrere fragen nach Andréias Telefonnummer. Und einer schlägt vor, die brasilianische Regierung könnte eine Steuer auf Prostitierten-Dienstleistungen im Ausland erheben, da diese offenbar eine der wichtigsten Exportwaren des Landes seien.
Natürlich ist das ein Vorurteil. Es wird sich vermutlich noch lange halten: Nie macht Brasilien internationale Schlagzeilen. Und wenn es mal dazu kommt, muß es ausgerechnet um eine Puffmutter gehen. Dabei stehen wir kurz vor dem Investment Grade. Bekommen demnächst einen Regierungs-Fernsehsender. Verdienen viel mehr mit dem Export von Fußballtalenten als mit dem von Erotik-Queens. Alles nicht so wichtig: É Creu, Creu, Creu, Creu, CREU.
Freitag, 14. März 2008
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