Manche mögen allmählich denken, ich erfinde diese Tiere. Manchmal glaube ich selbst kaum daran, dass sie echt sind. Deswegen habe ich diesmal gleich das Original fotografiert. Und darüber andere, womöglich wichtigere Handlungen vergessen. Aber der Reihe nach. Letztens beim Zähneputzen wurden plötzlich meine Füße nass. Der Zusammenhang erschloss sich mir nicht sofort. War ja auch noch früh am Morgen und ich nicht ganz wach. Beim Gesicht Waschen wurden meine Füße noch nasser. Ein bisschen Anschauung im Bad brachte mich auf folgende Lösung des Rätsels: Das Wasser aus dem Waschbecken fließt in ein Abflussrohr, das einen zweiten Zulauf am Fußboden des Bades hat. Und was oben gerade abgeflossen war, spülte mir nun unten die Füße. Unschön.
Ich weiß, ganz Brasilien singt derweil fröhlich „wir sind Olympia“, wer nicht singt, bereitet sich auf die WM in Südafrika vor, andere nutzen die Gunst der Stunde, sich schnell illegal die Taschen zu füllen - und überhaupt gibt es viel Wichtigeres als eine Überschwemmung im Bad. Deswegen wollte ich das Problem so schnell wie möglich lösen. Stocherte also mit einem dicken Draht in dem unteren Abflussloch herum. Und brachte tatsächlich ein bisschen Sand und Laub zutage. Laub findet man in deutschen Abflüssen seltener, weil in deutschen Häusern zwischen Wohnraum und Dachziegeln meist ein Dachboden ist und also das Laub nicht einfach so durch Lücken zwischen den Ziegel herein flattern und womöglich unbemerkt heimtückisch daran arbeiten kann, Abflüsse zu verstopfen. Es gelang mir, noch ein wenig mehr Laub zu angeln, aber nicht sehr viel. Nicht genug, um das Problem zu beheben.
Die nächsten Tage übte ich also, mir mit möglichst wenig Wasser den Mund auszuspülen. Das Gesicht wasche ich seitdem in mehreren Etappen. Die verkraftet der Abfluss.
Gestern wollte ich das Bad putzen. Mit ungesund riechenden chemikalischen Zusätzen namens Pinho Sol: Falls es wegen des drohenden Wasserstaus nicht richtig sauber werden würde, hatte ich mir überlegt, sollte es doch wenigstens nach geputzt riechen. Fröhlich schrubbte ich den etwas sandigen Boden, die Dusche und die Wände und goss schließlich schwungvoll den letzten Rest Pinho-Sol-Putzwasser Richtung Abfluss.
„Plopp“ machte es da. Und wie im Märchen ploppte plötzlich eine kleine Kröte aus dem Abflussrohr in die Überschwemmung. Saß da auf dem Badezimmerboden und erzählte mir leider nichts von drei freien Wünschen. Die Kröte sagte gar nichts, sie saß nur da. Und ich rannte los, den Fotoapparat zu holen, damit mir das auch jemand glauben würde. Beim Fotografieren fiel mir auf, dass die Kröte beinahe exakt die Rohrgröße hatte. Sie musste sich nur ein winziges bisschen lang machen, um wieder in dem Rohr zu verschwinden. Weg war sie, als sei sie nur zum Fototermin aufgeploppt. Die Kröte war die Verstopfung, ganz klar!
Mein Vermieter fand das auch. Ich hätte es gleich ausprobieren sollen, kritisierte er, als die Kröte aus dem Rohr raus geploppt war, sofort das Wasser aufdrehen. Recht hatte er, aber ich musste ja fotografieren. Macht nichts, meinte er, schütte einfach wieder Pinho Sol in das Rohr. Dann wird sie wieder vor den Chemikalien flüchten, du nimmst sie und trägst sie tief in den Wald hinein, damit sie den Weg nicht mehr zurück findet. Kennt sich jemand mit dem Orientierungssinn von Kröten aus? Ich nicht. Ich machte mich auf eine weitere Wanderung gefasst.
Chemikalien in ein Rohr zu gießen, das verstopft ist, ist gar nicht so einfach. Ich träufelte den Krötenschreck über einen geraumen Zeitraum liebevoll hinein und wartete ab. Es geschah nichts. Keine Kröte. Kein Plopp. Keine Wanderung. Leider floss das Wasser trotzdem nicht ab. Wahrscheinlich hat das Krötentier die märchenhaften Wünsche einfach selbst genutzt und sich zuerst gewünscht, dass so ein Pinho Sol auf der Krötenhaut nicht mehr jucken sollte.
Bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als morgen im Garten nach dem Rohr zu graben.
Foto: Wollowski
Samstag, 17. Oktober 2009
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