Donnerstag, 3. Juni 2010

Gruß aus der Sommerpause

Ich bin mal wieder in Deutschland. Wie jedes Jahr. Ebenfalls wie jedes Jahr, zeigt sich der hiesige späte Frühling deutlich unwirtlicher als der brasilianische Spätherbst. Einige frostige Maiwochen habe ich in einer geliehenen finnischen Jacke überstanden, die sogar Hagelschauer zuverlässig abhält. Dann habe ich leichtsinnig darauf vertraut, dass es wärmer würde, und die Finnenjacke nicht mehr mitgeschleppt. Seitdem sitze ich recht viel in den frostigen Wohnungen von Freunden und Bekannten herum. Aber jetzt soll ja alles besser werden.

Mein Rückflug ist für Anfang Juli gebucht, und ich hoffe, bis dahin wenigstens einmal im T-Shirt aus dem Haus gehen zu können. Und wenn ich wieder im Nordosten angekommen bin, werde ich weiter berichten. Bis dahin freue ich mich - wie jedes Jahr - über Anregungen und Kommentare.

Schönen Sommer allerseits!

Samstag, 24. April 2010

Hat der nichts zum Anziehen? Eine altmodische Liebesgeschichte


Es geht auch anders. All die Geschichte von winzigen Bikinis, pornographischen Songtexten und minderjährigen Müttern mögen wahr sein, sie zeigen nur eine Seite. Die andere hat mir kürzlich eine Bekannte erzählt. Ihre Geschichte ist gerade mal 14 Jahre alt. Da ist die junge – nennen wir sie Andrea – mit ihrer Cousine in ein Dorf am Strand gefahren, weil es dort eine interessante Quadrilha geben sollte. Quadrilhas sind zum einen Banditenbanden, zum anderen Tanzgruppen, die zu den in Brasilien sehr beliebten Junifeiern höfisch inspirierte Tänze in aufwändigen Kostümen aufführen. Das Quadrilha-Tanzen war das liebste Hobbie der 18-jährigen Andrea.

Sie Jungs auf dem Dorf tanzten gut. Und sie sahen neugierig nach den Neuzugängen. Die beiden Cousinen sahen neugierig zurück und tuschelten in den Tanz-Pausen: „Hast du die Beine von dem da drüben gesehen?“, fragte Andrea, „so muskulös… den würde ich gerne mal kennenlernen!“ Sie hatte wohl zu laut getuschelt, jedenfalls fragte der mit den muskulösen Beinen sie in der Woche darauf, ob sie ihn immer noch gern kennenlernen wollte. Danach verstummt er, wie erschrocken über den eigenen Mut.

Es dauerte eine weitere Woche, bis Andrea mit ihm ins Gespräch kam. Danach plauderten sie gelegentlich vor oder nach den Proben. Rauschten Blicke, die anderes versprachen. Nur Blicke. Andreas Tanzpartner war ein hochaufgeschossener Magerer, dessen Hände auf ihrem Rücken wie kalte Fische lagen. Nach Monaten brachte – nennen wir in Gilberto – es über die Lippen: „Willst du meine Freundin sein?“ Andreas Antwort war eindeutig: „Dann musst du aber zuerst zu meiner Mutter in die Stadt fahren und sie bitten, dass du mit mir gehen darfst.“ Gilberto schluckte. Dann ließ er sich erklären, wie er zum Haus von Andreas Mutter gelangte.

Andrea hatte schon nicht mehr damit gerechnet, als Gilberto eine Woche später plötzlich vor ihrer Tür stand. Baseballkäppi so tief ins Gesicht gezogen, dass von seinem Gesicht nicht viel zu erkennen war, die Hände tief in den Taschen der Bermuda vergraben, schweigend. „Wenn gleich meine Mutter kommt, musst du aber schon was sagen!“, erklärte Andrea besorgt, während die Mutter bereits hinter ihr gucken kam, wer der Überraschungsbesuch war. Andrea ließ die beiden allein. Eine Ewigkeit später verabschiedete ihre Mutter Gilberto, schloss die Tür hinter ihm, kam zu Andrea und fragte: „Ist ja ein netter Kerl, aber sag mal, hat der nichts Anständiges anzuziehen?“

Das ist wie gesagt 14 Jahre her, inzwischen ist Andreas und Gilbertos Tochter 13, ein Alter, in dem schon einige Jungs neugierig auf ihre schlanken Beine gucken. „Wer mal mit meiner Tochter gehen will“, sagt Gilberto streng, „der muss sich erst mal hier in mein Haus trauen, um zu fragen, ob er das darf. Und dass der mir nicht in kurzen Hosen ankommt!“
 
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